IBR – Inschriften im Bezugssystem des Raumes

Abgeschlossen
Gescannter Innenraum der Liebfrauenkirche in Oberwesel i3mainz, CC BY SA 4.0

Interdisziplinäre Forschungsarbeit fördert die Herausbildung neuer Fachdisziplinen. Die auch am i3mainz seit vielen Jahren betriebene Zusammenarbeit mit geisteswissenschaflichen Fächern wird so um die sich entwickelnde Disziplin der e-Humanities ergänzt, auch Digital Humanities oder Humanities Computing genannt. Durch den räumlichen Bezug, der im Fokus von IBR steht, soll mit dem Projekt auch der Begriff Spatial Humanities etabliert werden.

Motivation

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert „Forschungs- und Entwicklungsvorhaben aus dem Bereich der eHumanities“, um diese Forschungsrichtung in Deutschland zu etablieren. Seit Mai 2012 widmet sich das i3mainz gemeinsam mit der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz dem Verbundprojekt “IBR - Inschriften im Bezugssystem des Raumes”. Auf Grundlage von Resultaten des Projekts DIO-3D werden räumliche Wirkmechanismen mittelalterlicher Inschriften erfasst, analysiert und so aufbereitet, dass sie zur Herausbildung von Forschungsdateninfrastrukturen in den Geisteswissenschaften beitragen können.

Inschriften besitzen als objektbezogene Texte drei grundsätzliche Bedeutungsebenen: „Text“, „Träger“ und „Raumkontext“. Letztere wird bislang in den Geschichtswissenschaften nur unzulänglich kommuniziert, bietet jedoch einen wichtigen Schlüssel zum Verständnis kulturgeschichtlicher Zusammenhänge.

Konzentrationspunkt der Forschungsarbeit bildet das Internetportal DIO (www.inschriften.net), eine Online-Sammlung aller lateinischen und deutschen Inschriften des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Der dort bereits vorhandene Fachdatenbestand wird im Rahmen des Projektes IBR um raumbezogene Daten ergänzt.

Teil des Projektes IBR ist eine Referenzstudie, in der die geometrische und semantische Erfassung sowie die epigraphische Aufbereitung exemplarisch durchgeführt wurde. Neben der Entwicklung von generischen Werkzeugen und der Evaluation von Konzepten zum webbasierten Austausch der Informationen widmet sich das Projekt der Herausbildung und Vertiefung von Kompetenzen im Bereich der Informationstechnik in den Geisteswissenschaften und trägt so aktiv zu der Etablierung des Faches Digital Humanities in Mainz bei.

Aktivitäten

Das zentrale Konzept zur Aufnahme der erforderlichen Daten nutzt das Terrestrische Laserscanning und die Panoramaphotographie. Mit dieser Kombinationsmethode erfasste das i3mainz die Liebfrauenkirche in Oberwesel im Jahr 2013. Diese Daten bilden die Grundlage für eine Referenzstudie in IBR.

Resultat des Projektes ist die Web-Anwendung Generic Viewer, mit der man im Browser Objekte im aufgenommenen Raum identifizieren und annotieren kann. Die Anwendung bietet neben der Erfassung der Objekte als Geometrien (Features) auch die Möglichkeit diese mit semantischen Daten anzureichern, Abfragen zu tätigen und Ergebnisse zu exportieren. Dazu gehören georeferenzierte Geometrien und Punktwolkenextrakte, die dann in externen Programmen weiterverarbeitet werden können.

In enger Zusammenarbeit mit den Projektpartnern aus der Akademie der Wissenschaften und der Literatur wurden auf diese Weise Space-Syntax-Analysen sowie weitere Sichtbarkeitsuntersuchungen durchgeführt, um neuartige Erkenntnisse über Zusammenhänge und Bedeutungsebenen der sakralen Ausstattung zu gewinnen. Diese wurden auf diversen nationalen und internationalen Konferenzen präsentiert.

Neben der Liebfrauenkirche in Oberwesel wurde im Rahmen des Projektes das entwickelte Konzept zur Raumanalyse geisteswissenschaftlicher Forschungsgegenstände und die generische Funktionsweise der Software auch an anderen Fallstudien getestet. So wurde der GenericViewer in der Lehre des Master-Studiengangmoduls “Interdisziplinäre Anwendungen Raumbezogener Informationstechnik” im Wintersemester 2014/15 eingesetzt. Im Falle des alten jüdischen Friedhofs in Mainz konnten durch Kombination von Lage und Person der Grabsteine verblüffende Erkenntnisse über das soziale Gefüge der Beerdigten gewonnen werden. Bei der Rekunstruktion des Byzantischen Mühlen- und Werkstattkomplexes unterstützte der GenericViewer.

Vom BMBF wurde eine kostenneutrale Verlängerung genehmigt, sodass das Projekt IBR am i3mainz noch bis zum Jahresende 2015 bestehen bleibt.

Resultate

Seit November 2012 steht der webbasierter Panorama-Viewer zur Verfügung, der die Möglichkeit zur Erfassung von Objekten als Geometrie (Features) und deren räumliche Position bietet. Der “Generic Viewer” nutzt HTML5 mit Canvas-Elementen zur Visualisierung und eine angepasste PUNDIT-Instanz zur Annotation.

Die Features können im Generic Viewer mit Informationen angereichert und annotiert werden. Neben der Beschreibung der Objekte oder deren Beziehungen zueinander, können Features auch mit anderen Quellen, z.B. mit DIO-Artikeln assoziiert werden.

Für den Verlängerungszeitraum von Mai bis Dezember 2015 wurde die Vereinfachung des Generic Viewers in den Mittelpunkt gestellt. Unter dem Namen “Spatial Viewer” erhielt der Viewer ein neues Gesicht. Zu den wichtigsten Änderungen zählt die Erweiterung der Abfrage und Filterung nach semantischen Daten. Diese lassen sich nun gemeinsam mit den Eigenschaften der Features in einer tabellarischen Ansicht darstellen.