Das Kultzentrum des Sonnengottes in Heliopolis (Ägypten)

Abgeschlossen
Punktwolke von Kopf und Torso einer kolossalen altägyptischen Herrscherstatue mit einer Inschrift, die den Pharao Psammetich I (664-610 v. Chr.) nennt. i3mainz, CC BY SA 4.0

Das i3mainz unterstützte das Heliopolis-Projekt im Kairener Stadtteil Mataryia mit dem Ziel, das Forschungsdatenmanagement der Grabung zu erarbeiten und umzusetzen. Die Ergebnisse der archäologischen Arbeiten wurden schließlich in einem GIS zusammengeführt , das seither als Nachweissystem für die archäologische Dokumentation dient.

Motivation

Im Zentrum des Heliopolis-Projekts steht der Tempelbezirk des altägyptischen Sonnengottes im Kairener Stadtteil Matariya. Als mythischer Geburtsort der ägyptischen Götter nahm Heliopolis von ca. 2400 v. Chr. (Altes Reich) bis ins 4. Jh. v. Chr. (Ptolemäische Zeit) die Rolle eines wichtigen religiösen Zentrums ein. Dieser besondere Status findet Ausdruck in den Dimensionen des Heiligtums. Bis zu 17 m mächtige und 10 m hohe Mauern umschlossen einst das ein Quadratkilometer große Areal.

Durch seine Lage im Zentrum der wachsenden Millionenmetropole Kairo ist das Areal durch illegale Landnahme bedroht. Die zunehmende Bebauung an den Grenzen der 300x400 m großen Freifläche führen seit Jahren außerdem zu einem kontinuierlichen Anstieg des Grundwasserspiegels.

Von 2016 bis 2020 war das i3mainz im Rahmen der dreijährigen Förderung unter anderem für die Erarbeitung und Umsetzung eines Forschungsdatenmanagements in dem Projekt zuständig. Die Ergebnisse der archäologischen Arbeiten wurden in einem GIS zusammengeführt, das als Nachweissystem für die archäologische Dokumentation dient.

Aktivitäten

Das i3mainz unterstützte das Grabungsteam dabei, die Funde in möglichst kurzer Zeit so vollständig wie möglich zu dokumentieren, um die traditionellen Beschreibungs-, Mess- und Zeichenarbeiten in der Notgrabung zu reduzieren. Das dafür entwickelte Konzept verbindet etablierte photogrammetrische Methoden mit festgelegten Prozessen zur Archivierung der erzielten Ergebnisse.

Ein weiterer Schwerpunkt lag auf der Sichtung, Sortierung und Aufbereitung historischer Karten des Tempelgebiets und seiner Umgebung. Geeignete Alt-Karten wurden anschließend georeferenziert, um daraus Geobasisdaten für das Projekt zu erstellen und eine verlässliche, qualitätsgeprüfte Grundlage für die zukünftigen Arbeiten bereitzustellen.

Dem i3mainz ging es in dem Heliopolis-Projekt nicht nur um den Einsatz spezieller moderner Messverfahren, sondern auch um die Entwicklung einer Strategie, wie diese auch langfristig und nachvollziehbar einer weiteren wissenschaftlichen Auswertung zur Verfügung gestellt werden können. Das Konzept umfasst daher die ganze Kette von der Erfassung zuverlässiger 3D-Information bis zur Aufbereitung der Daten für eine sachgemäße Publikation und langfristige Archivierung.

In gemeinsamen Workshops mit dem Projektpartner aus Leipzig wurden auf das Projekt zugeschnittene Metadaten-Modelle, Werkzeuge und Verfahren sowie darauf abgestimmte Handreichungen entwickelt. Um die Qualität der neu entstehenden Daten sicherzustellen und zugleich den Dokumentationsaufwand im Feld zu reduzieren, mussten stellenweise auch an den Methoden zur Datenerhebung im Feld Anpassungen vorgenommen werden. Structure-from-Motion wird nun weiträumig von den Schnittleiter*innen für die Planum- und Befunddokumentation eingesetzt. Diese methodische Umstellung wurde vor allem aufgrund der Zeitersparnis im Feld und der hohen Datendichte sehr begrüßt.

Im März 2017 fand das Grabungsteam in Matariya Kopf und Torso einer kolossalen altägyptischen Herrscherstatue mit einer Inschrift, die den Pharao Psammetich I (664-610 v. Chr.) nennt. Zwischenzeitlich konnten mehrere Tausend weitere, kleinere Fragmente geborgen werden.

Resultate

Das i3mainz passte modularisierte Dokumentations- und Archivierungsprozesse an die bestehenden Arbeitsabläufe an, optimierte bereits etablierte digitale Methoden und führte Structure-from-Motion als reguläres Dokumentationswerkzeug im täglichen Grabungsablauf ein.

Diese Maßnahmen haben in der Folge viele der archäologischen Interventionen in ihrem Umfang erst ermöglicht. Der direkte Wissenstransfer wurde durch regelmäßige Workshops in Leipzig und Mainz während des gesamten Projektablaufs sichergestellt.

Im Rahmen der projektbegleitenden Arbeiten zum Datenmanagement und der digitalen Rekonstruktion des Tempels und seiner Topographie wurden folgende Ergebnisse erzielt:

  • Leitfaden für die qualitätsgesicherte Erfassung von Funden und Befunden mit Structure from Motion.
  • Leitfaden für die digitale, xml-basierte Dokumentation von Ergebnissen geomorphologischer Bohrungen mit der Software BGS Groundhog Desktop.
  • Ein Schema für die Datei- und Verzeichnis-basierte, systematische Ablage der Forschungsdaten aus Heliopolis.
  • Metadatenschemata für digitale Photographien und georeferenzierte Karten.
  • Erzeugung von archäologischen Geobasisdaten für Unterägypten, darunter digitale Geländemodelle mit der Rekonstruktion des Nildeltas im 2. und 1. Jt. v. Chr. 
  • Qualitätsgeprüfte Georeferenzierung aller verfügbaren topographischen Karten des Gebiets aus dem 19. und 20. Jh.
  • Konsolidierte Zusammenführung aller geodätischen Messdaten aus den Arbeiten in Heliopolis von 2006 bis 2018.

Im Rahmen einer kostenneutralen Verlängerung wurde das Projekt im Frühjahr 2020 abgeschlossen und ein Neu-Antrag für die Untersuchung spezifischer Fragen zu der Aufgabe des Tempels und dessen Nachleben in der Geistesgeschichte bei der DFG gestellt, der 2021 genehmigt wurde.