26.10.2018

Forschungsprojekt Heliopolis mit Jean et Marie-Françoise Leclant – Preis ausgezeichnet

Kooperationspartner Dietrich Raue aus Leipzig (links) nimmt den Preis in Paris entgegen. Académie des Inscriptions et Belles-Lettres / JulietteAgnel, All rights reserved
Forschungsprojekt Heliopolis mit Jean et Marie-Françoise Leclant–Preis ausgezeichnet.

Der diesjährige Preis der Académie des Inscriptions et Belles-Lettres in Paris geht an das ägyptisch-deutsche archäologische Gemeinschaftsprojekt im Sonnentempel von Heliopolis. Hiermit wird die Zusammenarbeit des Ägyptischen Antikenministeriums, des Ägyptologischen Instituts/Ägyptischen Museums – Georg Steindorff – der Universität Leipzig und des i3mainz - Institut für Raumbezogene Informations- und Messtechnik der Hochschule Mainz für ihre Forschungsarbeit der vergangenen sechs Jahre ausgezeichnet.

In der Begründung wird hervorgehoben, dass die Forschungen in unerwartetem Ausmaß gezeigt haben, dass noch wesentliche Funde und Befunde zu diesem einstmals zentralen Heiligtum der altägyptischen Kultur freigelegt und bewahrt werden können. Dies geschieht unter den besonders erschwerten Umständen einer rasanten Stadtentwicklung und eines konstant steigenden Grundwasserspiegels. Illegale Mülldeponien von bis zu 15 m Höhe haben zudem die Arbeit in dem innerstädtischen Gelände vor besondere Herausforderungen gestellt. Die Akademie würdigt durch den Preis die imposanten Ergebnisse, die unter diesen Umständen ermöglicht wurden. Hierunter zählt die Entdeckung der Kolossalstatue Psammetichs I. (664-610 v. Chr.), die mittlerweile anhand von gut 6000 Fragmenten virtuell zu einer Höhe von 10,5 m rekonstruierte werden kann. Von besonderem Interesse ist die Entdeckung von Tempelstrukturen in situ, die trotz einer intensiven mittelalterlichen Nutzung als Steinbruch in den vergangenen sechs Jahren lokalisiert werden konnten. Hierzu gehören zwei Festtempel Ramses II (1279-1213 v. Chr.) sowie zahlreiche Bauteile eines Tempels von Nektanebo I. (380-363 v. Chr.) für den Schöpfergott Atum.

Das Projekt der Erforschung der Tempel wird seit 2012 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Weitere Forschungen in einem Wohn- und Wirtschaftsquartier des 4.-2. Jh. v. Chr. werden durch die Unterstützung der Gerda Henkel Stiftung ermöglicht. Eine Reihe von kurzfristig zu bewältigenden Notgrabungen konnte darüber hinaus durch Zuwendungen der Fondation Schiff Giorgini (Lausanne), des Fonds Khéops pour l’Archéologie (Paris), der Greiss-Stiftung (Köln), American Research Center in Egypt, der Selz Foundation (New York), Mehen Studiecentrum voor het Oude Egypte (Leiden), der Freundeskreise ägyptologischer Institute und Museen in Leipzig, Zürich und Hamburg und individuelle Spender realisiert werden. Das Kulturerhaltprogramm des Auswärtigen Amts der Bundesrepublik Deutschland unterstützt die Bemühungen vor Ort um eine Präsentation der Funde im Freilichtmuseum von Matariya am ehemaligen Tempelgebiet. Das technische Know-how für die Befunddokumentation unter erheblichem Zeitdruck sowie das Management der Forschungsdaten wird durch die Kooperation mit Prof. Kai-Christian Bruhn und seinen Mitarbeitern an der Hochschule Mainz bereitgestellt.

Der Preis wurde am 26.10.2018 in den Salons du Palais de l’Institut de France in Paris stellvertretend für das gesamte Team an Dr. Dietrich Raue übergeben. In seiner Dankesrede hebt Raue, auch im Namen des ägyptischen Co-Direktors Dr. Aiman Ashmawy, den besonderen Charakter der Kooperation unter den zum Teil schwierigen Umständen einer Innenstadtgrabung im postrevolutionären Ägypten hervor und dankte den ägyptischen Stellen, die seit 2012 auf allen Ebenen die Zusammenarbeit unterstützen. Zugleich nutzte er die Gelegenheit, das besondere Engagement der ägyptischen Teammitarbeiter und Facharbeiter, der Leipziger Studierenden und des internationalen Spezialistenteams aus Ägypten, Belgien, Frankreich, Italien, Niederlanden, Polen, und den USA hervorzuheben. Der Preis wird vollumfänglich den Arbeiten im Tempel von Heliopolis zugutekommen. Jüngste Stadtentwicklungsprojekte erfordern hier ein unvermindert intensives Vorgehen. „Wir sind für die Unterstützung aus Paris überaus dankbar“, so Raue, „Sie ermöglicht es uns, an diesem einmaligen Platz unsere Forschungen verstärkt fortzusetzen. Mehr als 2400 Jahre lang war dieser Tempel ein Dreh-und Angelpunkt der altägyptischen Kultur.“