Automatisierte Konstruktion orthopädischer Hilfsmittel

Abgeschlossen
Orthopädische Hilfsmittel F. Gottinger Orthopädietechnik GmbH, All rights reserved

In der Orthopädietechnik werden Hilfsmittel überwiegend über Prozessketten hergestellt, die sich klassischer Gips-Guss- und Abformtechnik bedienen. CNC-Fräsen oder 3D-Druck werden spärlich eingesetzt, da hierfür digitale Geometriemodelle der zu fertigenden Objekte erforderlich sind. Aktuelle 3D-Messtechnik kann den Weg zur Generierung derartiger Modelle ebnen, muss dafür jedoch in die erprobten Arbeitsabläufe der Orthopädietechnik integrierbar sein. Dazu bedarf es der Entwicklung einer speziell angepassten Erfassungsmethodik und neuer Prozessketten, um eine Verknüpfung von Handwerk und digitaler Verarbeitung zu erreichen.

Motivation

Ein erster sinnvoller Integrationsschritt ist die Digitalisierung von Körpermodellen, die aus Abformungen von Körperteilen stammen und damit im Innenbereich die Körpergeometrie definieren. Für ein Messsystem bedeutet dies allerdings, auch im Innern von Gipsmodellen messen zu können, um daraus 3D Modelle der Körperpartien generieren zu können, die zentrale Grundlage für den nachfolgenden Konstruktionsprozess sind. Eine direkte Messung solcher Abformgeometrien steigert einerseits die Qualität des gefertigten Produktes und erreicht anderseits einen höheren Automatisierungsgrad gegenüber dem heutigen Technik-Stand.

Das Ziel des Forschungsprojektes ist die Entwicklung eines neuen Digitalisierungswerkzeugs in der Orthopädietechnik, das eine effiziente, vollständige und präzise Erfassung von Körpermodellen bzw. Hilfsmitteln erlaubt und die herkömmliche manuelle Abformtechnik vollständig ersetzen kann.

Aktivitäten

Erreicht wurde das Ziel durch die Entwicklung eines Systems, welches eine präzise dreidimensionale Erfassung und Vermessung von Körpermodellen von innen und außen gewährleistet. Hierzu wurde sowohl für die Außenerfassung als auch für die Innenerfassung ein bildbasierter Ansatz verfolgt und prototypisch umgesetzt. Weiterhin erlaubt das Messsystem die vom Orthopädietechniker manuell festgelegten Merkmale, mitsamt dem gescannten Körpermodell, in ein Konstruktionsprogramm zu überführen. Um aus diesen digitalen Körpermodellen ein finales orthopädietechnisches Hilfsmittel zu generieren, wurde eine Auswerteeinheit zur Automatisierung von Teilprozessen sowie zur automatisierten Konstruktion entwickelt.

Resultate

Im Projektverlauf wurde für die Erfassung des Außenbereiches von Körpermodellen und auch für die Erfassung von Innenbereichen ein bildbasierter Ansatz verfolgt und prototypisch umgesetzt. Der Außenscanner besitzt ein 3D-Messvolumen (1m³) bestehend aus 32 verteilten 5 Mega-Pixel CMOS-Kameras mit 4,14mm Objektiven. Nach Bestimmung der inneren- sowie äußeren Orientierungen wird im Objektraum des Außenscans ein RMS-Fehler von 0,3mm erreicht. Dieser Fehler liegt deutlich unterhalb der Genauigkeit einer Gips- und Abformtechnik. Als Plausibilitätstest dient eine physikalisch orientierte Simulation. Die real erreichten Ergebnisse decken sich mit den Simulationsberechnungen. Der innere Bereich wird mit einer langgestreckten Aufhängung bestehend aus einem Griffstück und mehreren wirbelartigen Elementen gescannt. Dessen Ende bildet ein beweglicher 5 MP Kamera-Kopf mit einem 4,14mm Objektiv. Die Auslenkung lässt sich mit dem Griffstück steuern und gestattet somit auch eine vollständige Erfassung im Bereich der Zehen. Im Inneren des Hohlkörpers geschieht die geometrische Stützung mit Hilfe von kalibrierten Referenzmarken. Im Objektraum liegt der RMS-Fehler unter 1mm. Es kann festgehalten werden, dass das geplante Konzept die festgelegten Genauigkeitsvorgaben vollständig erfüllt.

Aufgrund der erfolgreichen Arbeiten in dem Projekt erfolgte die Einreichung eines Patents zusammen mit dem Projektpartner F. Gottinger Orthopädietechnik GmbH “Verfahren zum Erstellen eines Modells eines Hilfsmittels von einem bestehenden Hilfsmittel oder Negativabdruck, Vorrichtungen zur Digitalisierung eines Hilfsmittels und Einheit zur Durchführung des Verfahrens“.